Un-conferencing-Formate – kollaborative Wissensarbeit und kommunikative Lernformen

Un-conferencing ist “posh” – und das zu Recht. Teils werden ganz Konferenzen wie z.B. die EduCamps nach diesem Prinzip, das auf kollaborativer Wissensarbeit und kommunikativen Lernformen basiert, organisiert; teils finden sich auf Konferenzen Slots, in denen Platz für un-conferencing geschaffen wurde.

Auf unserer Mobile learning: Crossing boundaries in convergent environments Conference (MLCB), die wir als Kollaborationsveranstaltung im März 2011 in Bremen durchgeführt haben, wollten wir un-conferencing selbst ausprobieren. Allerdings nur im kleinen Rahmen und auf freiwilliger Basis. Denn nicht Jeder ist ein “Mitmacher”. Grund war zum einen die Absicht, eine reine Vortragskonferenz zu vermeiden und die Teilnehmer zu Diskussionen anzuregen. Zum anderen sahen wir es in Anbetracht der Menge an Anfragen für Vorträge mittlerweile sogar als Notwendigkeit an, alternative Formate anzubieten; denn un-conferencing-Formate bieten eben Vielen die Möglichkeit, Input einzubringen.

Letztlich haben wir einige bereits existierende und etablierte Formate aufgegriffen, andere haben wir eigens entwickelt. Die Leitlinien, die wir im Vorfeld zur Konferenz zu den jeweiligen Formaten formuliert haben – auch un-conferencing folgt teils strengen Richtlinien – finden sich als ursprünglicher, englischer Beitrag mit dem Titel “Un-conferencing formats at MLCB conference” auf dem Media-Education-Culture-Blog. Für meine / die media-education-culture website habe ich die Endversion übersetzt und inhaltlich nochmals leicht überarbeitet. Eine deutschsprachige Vorversion [“Format mash-ups – Konferenz zwischen Präsentation und Kollaboration“] ist ebenfalls auf Media-Education-Culture verfügbar. Und wie es für un-conferencing-Formate die Regel ist, wurden im Vorfeld keine weiteren koordinierende und strukturierende Vorbereitungen getroffen.

 

Radio workshop
In einem Radio Wokshop wird in die Konzipierung und Realisierung von Live-Radiosendungen sowie das Live-Streamen selbiger über das Internet eingeführt. Im Anschluss an den kleinen Workshop findet eine ca. halbstündige Live-Radiosendung statt, in der das Gelernte direkt ausprobiert wird.

Paper jam
Teilnehmer finden sich in kleinen Gruppen zusammen und wählen gemeinsam ein Thema aus, an dem sie innerhalb der folgenden Stunde gemeinsam arbeiten. Ziel ist es, einen ein- bis zweiseitigen Text zu verfassen, der direkt nach Fertigstellung im Internet veröffentlicht wird.

Poster session
Poster werden im Foyer des Veranstaltungsortes ausgehängt oder per Video-Beamer an Leinwände projiziert. Ein Moderator führt die Teilnehmer von Poster zu Poster. An jeder Station gibt der Autor des Posters eine kurze Präsentation. Die Zuhörer sind dazu eingeladen, Fragen zu stellen und sich in den Dialog mit den Präsentierenden zu begeben. Im Anschluss wechselt die Gruppe zum nächsten Poster.

Speed debate
Die erste abschließende Plenumsveranstaltung ist als “speed debate” konzipiert. Als Hilfsmittel wird wiffiti (wiffiti.com), ein Web 2.0-Tool zum Sammeln von online geposteten Statements, eingesetzt. Aus der Menge an Kommentare und Statements, die in diesem Fall über twitter (twitter.com) gemacht wurden, suchen die Moderatoren die provokativsten heraus und fordern die Teilnehmer der Plenumsveranstaltung dazu auf, diese Statements zu kommentieren – oder die Macher der Statements, diese zu verteidigen.
Alternativ dazu ist auch denkbar, die Teilnehmer zu Beginn der Session zu bitten, die Statements auszuwählen, die in den folgenden 5-10 Minuten in einem Streitgespräch von den Session Chairs oder dem Machern der Statements diskutiert werden. Die Teilnehmer stimmen im Anschluss darüber ab, welche Partei als Sieger aus dem Disput hervorgeht.

Speed dating & Geteilte-Erfahrungen-Session
Dieses Format hat kollaboratives Problemlösen zum Ziel und ist in zwei je dreißigminütige Teile gesplittet.
Für Teil eins teilen sich die Teilnehmer in Zweiergruppen auf. Jedes Paar bekommt fünf Minuten Zeit, sich seinem Gegenüber mit seinen inhaltlichen Interessen und Arbeiten vorzustellen. Im Anschluss sucht sich Jeder einen neuen Partner und stellt sich ihm vor. Nach 30 Minuten hat jeder der Teilnehmer am speed dating 6 neue Personen kennengelernt. Ziel ist es, Menschen kennenzulernen, die für den eigenen Interessens- und Forschungsbereich interessante inhaltliche Anregungen und Perspektiven bieten. Dies wird für den zweiten Teil der Session relevant.
In den zweiten dreißig Minuten der Session finden sich die Teilnehmer in kleinen Gruppen oder – je nach Menge der Teilnehmer – im Plenum zusammen. Jeder Teilnehmer präsentiert innerhalb einer Minute seine eigene Arbeit mittels eines kurzen Statements. Dabei weist er oder sie auf Bereiche hin, die bei der eigenen Forschung besonders gut gelungen sind und von Anderen übernommen werden können. Alternativ können die Teilnehmer auf Bereiche hinweisen, in denen Probleme auftraten, die erst noch einer Lösung zugeführt werden müssen. Im Anschluss antworten die restlichen Teilnehmer und tragen mit Kommentaren, Anregungen oder Hinweisen zur Problemlösung bei. Dieser Teil sollte nicht mehr als vier Minuten in Anspruch nehmen, sodass am Ende der Session 6 Projekte diskutiert wurden.

Medienproduktion mit Handykameras
Die Teilnehmer produzieren kleine dreiminütige “How to”-Videos mit ihren Handykameras. Um diese Videos zu planen setzen sich die Teilnehmer für fünf bis zehn Minuten in kleinen Gruppen zusammen und schreiben ein Storyboard. Weitere fünf bis zehn Minuten sind für das Aufnehmen der Videos geplant. Das Schneiden und sonstige Bearbeiten der Videos ist nicht gestattet – one take, one shot!

Selbstorganisiertes un-conferencing
Neben den geleiteten un-conferencing-Slots gibt es auch Raum und Zeit, damit Teilnehmer selbst organisierten Aktivitäten nachkommen können.

 

Weiterführende Literatur und Links

Educamp. Online.

Ungewöhnliche Interaktionsformate (Teil 2): Nehmen und Geben. Online.